Die drei Wochen auf der Via de la Plata vergingen wie im Flug. Es war wie immer äusserst intensiv an Erlebnissen und Geschichten, Landschaften und Szenerien, Eindrücken von Menschen, vor allem Einheimischen, wie sie leben und hausen.
Es war natürlich auch körperlich eine grosse Herausforderung. Bei den langen Etappen brennen ab 30 Kilometer bei jedem Schritt die Füsse. Du siehst das Dorf, Dein Tagesziel von Weitem und denkst: Wie soll ich das bloss noch schaffen ? Ganz einfach, Schritt für Schritt. Ich versuche mich dann jeweils abzulenken und nicht an die Füsse zu denken. Versuche irgend etwas Schönes zu denken, was mir wieder Energie für ein paar Meter gibt. Dann kommst du an, musst zuerst die Registration in der Herberge über dich ergehen lassen, mit dem Schlafsack ausbreiten dein Bett als „reserviert“ markieren und dann so schnell wie möglich unter die Dusche. Da stehst du dann nackt in der ungeheizten Dusche, das warme Wasser will einfach nicht kommen und der 30 jährige Duschvorhang klebt an dir … Momente der Verzweiflung… Aber danach kannst du einfach nur stolz sein, dass du es geschafft hast und kannst die Tagesereignisse – und Erlebnisse nochmals Revue passieren lassen.
Die Grenzen der Belastbarkeit und der Leistungsfähigkeit sind bei jedem Menschen naturgemäss sehr verschieden. Auch die Gründe und Motivationen des Pilgerns sind so unterschiedlich. Der Respekt vor dieser Diversität und Einzigartigkeit bekommt man immer wieder zu spüren. Sei es von Pilgern oder von Einheimischen. Es ist ein Zugehörigkeitsgefühl, eine unsichtbare Gemeinschaft, welche verbindet.
Chrigu und ich gehen seit 2009 jedes Jahr 2-3 Wochen pilgern. Grundsätzlich haben wir es gut zusammen. Wir sind jedoch 2 sehr unterschiedliche Charaktere und geraten uns jedes Jahr wegen irgendwas in die Haare. Es ist irgendwie schon fast Tradition. 😉 Aber man lebt hier auch sehr nahe zusammen. Bis jetzt konnten wir zum Glück immer wieder Frieden schliessen!
Es gibt ein Sprichwort , welches man hier ab und zu liest und dem ich voll zustimme:
Es ist nicht der Weg, den Du machst, sondern der Weg macht Dich.
Auch wenn wir nicht vielen Pilgern begegnet sind, was ja auch seine Vorteile hatte, waren die Bekanntschaften sehr herzlich. Mal abgesehen von der Gruppe von spanischen „Pussy-Pilgern“.
Ich war erstaunt, wie einfach und sparsam vor allem die Landbevölkerung lebt. Es gibt pro Haus meist nur ein Raum, der geheizt wird, da die meisten Häuser gar nicht über eine Zentralheizung verfügen. Das Licht brennt wirklich nur dort, wo es benötigt wird.
Insbesondere in der Extremadura sieht man sehr viele von der EU mitfinanzierte Projekte. Zum Teil auch völlig unnütze Dinge. Wie zum Beispiel der Bau eines etwa 3km langen Luxuspilgerweges, welcher perfekt umzäunt und geteert wurde.
Wie würde es Spanien ohne EU gehen ? Ich wäre da sehr pessimistisch. Doch das trifft wohl nicht nur auf Spanien zu.
Wir sind jetzt im Zug nach Santiago de Compostela. Die Fernwanderung ist zu Ende und trotzdem bleibt noch ein Tag. Mal schauen, was wir daraus machen. Santiago will ich noch gar nicht kennen lernen. Die Stadt kann und muss noch mindestens ein, zwei Jahre warten.
Jetzt freue ich mich sehr auf meinen Schatz, auf das Zuhause und Ostern.