Saint-Guilhem-le-Désert – Saint-Jean-de-la-Blaquière (22 km; 900 hm↑; 900 hm↓)

… je kleiner die französischen Dörfer, desto länger deren Namen …

Die heutige Etappe über die südlichsten Ausläufer der Cevennen war recht herausfordernd, landschaftlich jedoch äusserst reizvoll!

Die Herausforderungen bestanden einerseits durch den doch anständigen Höhenunterschied und zusätzlich, weil wir uns, wie andere auch, verlaufen haben. Die Wegbeschreibung aus dem Reisebuch und Wikiloc führten uns ins abgelegene Dorf Arboras hinauf. an Jedoch ging der Weg aus unerfindlichen Gründen und auch gemäss Einwohnern (neuerdings?) nicht weiter. So mussten wir einen Umweg von einer Stunde inklusive Abstieg in Kauf nehmen. Müde trafen wir um 17 Uhr in Saint-Jean-de-la-Blaquière ein.

Gemäss der Gîte – Betreuerin Nathalie haben sich in dieser Gegend schon viele verlaufen, gerieten unerwartet in Gewitter, oder kamen erst in der Nacht am Ziel an. So ging es gestern auch zwei Saarländer, welche erst um 21 Uhr eintrudelten.

Wir übernachten im einfachen, zweckmässig eingerichteten Gîte des Pèrelins für 16€ / Person. Das Gîte, welches doch schon halb gefüllt war mit Wandernden, bestand aus 4 Schlafräumen à je 4-6 Betten. Vermutlich müssen wir uns angewöhnen, die Übernachtung schon am Vortag zu reservieren, ansonsten kann es passieren, dass wir am Etappenziel ankommen, aber keine Schlafgelegenheit mehr finden.

Nach dem Duschen klapperten wir die kulinarischen Möglichkeiten im Dorf ab und mussten 15 Minuten später feststellen, dass die EINZIGE Möglichkeit aus einem Pizza – Wohnwagen auf dem Schulhof bestand! Eigentlich freuten wir uns auf einen deftigen, französischen Dreigänger und landeten mit einer Pizzaschachtel in der Hand auf der Parkbank. Dazu gab es eine Flasche Vin de la Region pour 6.50€ über die Gasse…

Montarnaud – Saint-Guilhem-le-Désert (22 km)

Um fünf Uhr früh wurde ich durch heftiges Donnergrollen geweckt und stellte mich innerlich schon auf einen ungewollten Lesetag ein. Zwei Stunden später sah es zum Glück freundlicher aus und wir verköstigten uns mit Café au Lait und fetten Croissants, während uns die Bäckersfrau zwei Sandwiches präparierte.

Ausserhalb des Dorfes begegneten wir Henri, einem 60 jährigen aufgestellten Pariser und Jerome, einem jungen Lyoner, welche ebenfalls auf dem Weg über die Cevennen Richtung Toulouse waren. Zu viert nahmen wir den ersten Anstieg durch einen Eichenwald in Angriff. Der einzige, welcher während dem steilen Anstieg locker vor sich hin plauderte und uns mit Fragen eindeckte, war der junge Jerome. Wir, die restlichen drei älteren Herren konzentrierten uns lieber auf die Sauerstoffversorgung, bis der Weg oben wieder abflachte..

Oben angekommen, hatten wir eine fantastische Fernsicht bis zum Mittelmeer.

Der Weg führte weiter durch dunkle, dichte Eichenwälder und später durch die lichte, mediterrane Garriguelandschaft, bestehend aus Ginsterbüschen, wilden Spargeln und überall Jägern, welche sich vorbereiten, um den Wildschweinen den Sonntag zu verderben.

Erst am Nachmittag waren wir uns sicher, dass wir heute auf die Regenkleidung verzichten werden können. Endlich Sonnenbrille und T-Shirt!

Nach bereits 6 Stunden inklusive Pausen trafen wir in diesem schmucken, mittelalterlichen Dörfchen ein und verabschiedeten uns auf dem Dorfplatz bei einem Bier von Jerome, welcher noch 15 km weiterging..

Montpellier – Montarnaud (21km)

Die gestrige 7- stündige Zugfahrt von Basel nach Montpellier verging wie im Flug mit Gesprächen, Lesen und Musikhören. Das gemietete, einfache und zweckmässig eingerichtete Altstadt-Zimmer – über Airbnb gebucht, fanden wir auf Anhieb. Heute morgen erwachte ich erst, nachdem Tinu schon geduscht und fast abmarschbereit im Zimmer stand… Nach einem Kaffee und Brötchen kauften wir kurz noch Wasser und ein paar Früchte als Verpflegung auf dem Markt, aktivierten unseren Wikiloc-Trail (App mit GPS – Navigation für Fernwanderer und Biker) und bummelten gemütlich in nordwestlicher Richtung aus der Stadt. Wir waren guten Mutes und freuten uns, dass es endlich losging. Das Wetter sollte (…) sich am Nachmittag bessern, denn seit gestern Abend regnete es ununterbrochen.

Hinter der Altstadt mussten wir erst alle maghrebinischen Banlieus hinter uns bringen, bevor der Weg endlich in ein kleines Tal mit lauschigem Bach führte und wir nach zwei Stunden unsere erste Pause einlegten. Kurz danach begann es völlig überraschend und sintflutartig zu regnen und hageln, dass die Wege eher Bächen glichen. Nun, der Rest ist schnell erzählt, denn der Regen liess in den folgenden drei Stunden nicht mehr nach und ich muss feststellen, dass wir in Sachen Regenkleidung Optimierungsbedarf haben…

Glücklicherweise ist unser Gîte geheizt, so dass die Kleider bis morgen trocknen können.

2019: Via Tolosana

Die Via Tolosana ist der südlichste Pilgerweg durch Frankreich. Obwohl klimatisch eigentlich optimal gelegen, ist er vermutlich der am wenigsten begangene Weg und von daher der Einsamste. Gemäss Beschreibungen aber auch wild und abwechslungsreich. Er führt ab Arles durch das Rhoneschwemmland mit Obst – und Reisplantagen vorbei in die Universitätsstadt Montpellier. Anschliessend über die südlichsten Ausläufer der Cevennen in die Stadt Toulouse. Insbesondere dieser, durch die Berge führende Teil muss sehr schön sein. Weiter geht es durch die Gascogne und mit dem Erreichen der Provinz Béarn nähert man sich „bereits“ den Pyrenäen. Über den Somportpass gelangt man weiter nach Spanien in die Provinz Aragonien. Ab dort heisst der Weg dann nicht überraschend Camino Aragonés.

Südfrankreich kenne ich bisher lediglich per Rad und durch Strandferien. Frankreich hat mich schon so manches Mal positiv überrascht. Sei es in Savoyen, der Auvergne, dem Aubrac, in Conques oder in Moissac. Die Vorfreude kennt keine Grenzen, auch wenn es voraussichtlich erst im April 2019 losgeht.

 

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